Schon seit Urzeiten gab es eine enge Beziehung zwischen Mensch und Baum.
Der Wechsel der Jahreszeiten liefert viele Analogien zum Leben des Menschen und erinnert an seine Altersstufen: das Wachsen, Blühen, Reifen, Früchtetragen, und schließlich das Welken und Vergehen, das
Gefällt werden.
Er ist Ausdruck für das Leben, das Verwurzeltsein, das Wachstum der Geschlechter und die Äste werden als Symbol des Kosmos gesehen.

Nichts ist für mich mehr Abbild der Welt und des Lebens als der Baum.
Vor ihm würde ich täglich nachdenken, vor ihm und über ihn...

- Christian Morgenstern - 

Von der Antike bis zur Gegenwart wird das Leben des Menschen in der Literatur und der bildenden Kunst immer wieder mit einem Baum verglichen.
Wüsst ich genau, wie dies Blatt
Aus seinem Zweig hervorkam,
Schwieg ich auf ewige Zeit still,
Denn ich wüsste genug.

- Hugo von Hofmannsthal -

Starke Menschen

sind wie Bäume
die einzeln stehen
mit tiefen Wurzeln
mit einer Krone
die sich weitet
zum schützenden Dach

- Annemarie Schnitt -




 

Zu bestimmten Anlässen ist es Brauch, einen Baum aufzustellen und zu schmücken:
den Narrenbaum zur schwäbisch-alemannischen Fastnacht,
den Maibaum auf dem Dorfplatz,
den Osterbaum zum Osterfest,
den Richtbaum auf das fertig gezimmerte Hausdach,
die Weihnachtsbäume drinnen und draußen.

Hierzu gehört auch der Brauch, bei der Geburt eines Menschen einen Baum zu pflanzen.


 

 

 

 

 

 

Der Platz unter einem Baum diente als Gerichts- und Hinrichtungsort, Versammlungsplatz, Kommunikationsort, Treffpunkt von Liebespaaren,
Zufluchtstätte vor Regen oder Sonne.


 

 

Nach uns

wird bleiben
der Baum
der wortlos
Geschichten erzählt
von Menschen
die unterwegs
Schutz suchten
in seinem Schatten

-Annemarie Schnitt -



 

 

 

 

 

 

Der Baum dient als Projektion für Ängste und Wünsche, um ihn ranken sich zahlreiche Mythen, Legenden und Märchen.


Vom sog. "Baum der Liebe" können sich junge Mädchen nach ihrem Geschmack einen Bräutigam herunterschütteln sowie es für die Männer einen "Jungfrauenbaum" gibt. Analog dazu gibt es den "Kinderbaum", auf dem die Kinder wachsen oder von der Hebamme aus Baumhöhlen gezogen werden.

Ebenso gehören "Sprechende Bäume" und "Orakelbäume" zu den religiösen Vorstellungen vieler Völker. Eine alte Märchen-Eingangsformel lautet: "Vor Zeiten, als die Bäume noch redeten"...


 

 

 

 

 

 

 

 

In fast allen Religionen und Kulturen kommt der "Baum des Lebens" vor, als Sinnbild für die Schöpfung, die Kraft allen Lebens.

 

 


In vielen Mythen wird berichet, dass die ersten Menschen aus den Bäumen kamen: nach griechischen und römischen Überlieferungen stammt der Mensch von der Esche ab, während in der indischen Mythologie der Feigenbaum als Ursprung der Menschen gilt.

Buddha wurde unter einem Baum geboren, fand unter einem Baum Erleuchtung und starb unter einem Baum.

Jeder Indianer hatte seinen eigenen Baum zum Meditieren, Krafttanken, und zum Sterben suchte er ihn ebenfalls wieder auf.


 

In der Antike wurde die Geburt der Götter mit den Bäumen in Zusammenhang gebracht:
Zeus wurde unter einem Pappelbaum geboren, Hera unter einer Weide und Romulus und Remus unter einem Feigenbaum.


Auch von der Rückwandlung von Menschen oder Götter in Bäume wird berichtet. In vielen Kulturen waren Bäume die Wohnstätten von Götter und Dämonen, unter ihnen wurden den Göttern Opfer gebracht, sie wurden verehrt und wer sie wagte zu fällen, musste mit dem Zorn der Götter rechnen.



bäume

sensibel ist die erde über den quellen:
kein baum darf gefällt,
keine wurzel
gerodet werden.

die quellen könnten versiegen.

wie viele bäume wurden gefällt?
wie viele wurzeln gerodet?

in uns

- reiner kunze -



 

 

 

Leben

Leben
wie ein Baum
einzeln und frei
und brüderlich
wie ein Wald
das ist unsere Sehnsucht

- Nazim Hikmet -

Planst du ein Jahr, so säe Korn.
Planst du ein Jahrtausend,
so pflanze Bäume.

- Kuan Chung -