Auszüge aus einem Lied von K. Tucholsky über einen (weißen) Pfau


"Der Pfau"

Ich bin ein Pfau.

In meinen weißen Schwingen
fängt sich das Schleierlicht der Sonne ein.

Und alle Frauen, die vorübergingen,

liebkosten mit dem Blick den Silberschein.







Ich weiß, daß ich sehr schön bin



Meine Federn
auf meinem Kopf stell ich oft kapriziös ...






Ich habe leider ziemlich große Krallen,

und wenn ich fliege, sieht es kläglich aus.
Doch, wer mich liebt, dem werde ich gefallen,
und alle Welt steht vor dem Vogelhaus.


Klug bin ich nicht. Klugheit ist nicht bei allen,
viel liegt nicht hinter meiner Vogelstirn.



Ich will gefallen - immer nur gefallen -

Ich bin ein schöner Pfau. Ich brauche kein Gehirn.


Nur singen darf ich nicht. Das ordinäre
Gekrächz ist nicht zu sehen - wie mein Bildnis zeigt.
Ich bin ein Pfau.

Und eine schöne Lehre:

Wer dumm und schön ist, setzt sich. Siegt. Und schweigt.


Kurt Tucholsky 1890 - 1935



Aufgrund des mit Augen geschmückten, kreisförmigen ausgebreiteten Gefieders wurde der Pfau im späten Mittelalter Attribut von Hochmut und Eitelkeit.
Eine mohammedanische Sage berichtet, dass der Pfau seine liebliche Stimme erst verlor, als er zugleich mit der Schlange und dem ersten Menschenpaar aus dem Paradies vertrieben wurde.