Der Wolf im Schafspelz



Ein Wolf beschloss einmal, sich zu verkleiden, um im Überfluss leben zu können. Er legte sich ein Schafsfell um und weidete zusammen mit der Herde, nachdem er den Hirt durch seine List getäuscht hatte. Am Abend wurde er vom Hirten zusammen mit der Herde eingeschlossen, der Eingang wurde verrammelt und die ganze Einfriedung gesichert. Als aber der Hirt hungrig wurde, schlachtete er den Wolf. So hat schon manch einer, der in fremden Kleidern auftrat, seine Habe eingebüsst.

nach Aesop (nach 600 n.u.Z.)


Der Wolf und das Schaf

Ein Wolf, der sich sattgefressen hatte, sah ein Schaf auf der Erde liegen und merkte, dass es sich aus Angst vor ihm hingeworfen hatte. Da trat er heran und machte ihm Mut: "Wenn du mir drei Wahrheiten sagst", sagte er, "werde ich dich freilassen."
Da sagte das Schaf: "Erstens wäre ich dir lieber gar nicht begegnet. Zweitens wünschte ich, da es nun soweit ist, dass du blind wärest. Drittens mögen alle Wölfe verrecken! Wir haben euch nichts getan, und doch seid ihr unsere ärgsten Feind."
Gegen diese Offenheit konnte der Wolf nichts einwenden, und er liess das Schaf laufen.

Die Fabel zeigt, dass die Wahrheit manchmal auch auf Feinde Eindruck macht.

nach Aesop




James Krüss

Das schwarze Schaf

1. Es war einmal ein schwarzes Schaf,
das hatte weiße Brüder.
Es kaute friedlich, stumm und brav
Das Gras der Wiese wieder.
Doch spottete die Brüderschar,
Weil es so schwarz wie Kohle war.



2. Dann fielen Tränen groß und schwer,
ins Gras der Wiese nieder.
Tagtäglich grämte es sich mehr
Bei dem Gespött der Brüder.
Denn es ist schwer, so ganz allein
Ein armes, schwarzes Schaf zu sein.



3. Nun kam einmal ein Wolf daher,
der heulte angsterregend.
Neun weiße Schafe blökten sehr
Und flohen in die Gegend.
Neun Schafe flohen von den Zehn,
Das schwarze nur blieb traurig stehen.




4. Zum Wolfe schlich das schwarze Tier
Mit tiefgebeugtem Nacken.
Komm her, Herr Wolf! Ich warte hier.
Du darfst mich ruhig packen.
Beende meinen Lebenslauf,
Und friß mich bitte auf!


5. Der Wolf begann, sich auf der Stell
Die Lippen abzuschlecken.
Jedoch das Fell, das schwarze Fell,
Erfüllt den Wolf mit Schrecken.

E
r steht. Er lugt. Ein Sprung. Ein Blick.
Der Wolf flieht in den Wald zurück.



6. Neun Schafe rings am Wiesenrand
Bestaunen ihren Bruder.
Neun Schafe suchen unverwandt
Den Wolf, das böse Luder.
Jedoch der Wolf erscheint nicht mehr.
Neun weiße Schafe staunen sehr.



7. Zwei Tage galt das schwarze Schaf
Als Held für seine Brüder.
Es freute sich und kaute brav
Das Gras der Wiese wieder.
Doch als der dritte Tag begann,
Da fing das Spotten wieder an.





8.Vergessen war der Wolf im Wald,
Vergessen die Gefahren.
Man lacht, man schreit, es klingt, es schallt:
Du Biest mit schwarzen Haaren!
Das schwarze Schaf kaut grünes Gras.
und denkt sich traurig dies und das.












Das Schaf und der Wolf

Nachdem es ungefähr sich traf,
Dass hier ein Wolf, und dort ein Schaf
Bei einem Bach zusammen kommen,
Und beide Seiten eingenommen:

So sprach das Schaf, was tu ich hier,
Dass du mit frecher Mordbegier
Mir stets nach meinem Leben trachtest,
Und mich so unbarmherzig schlachtest,
Wenn es mein Unfall mit sich bringt,
Dass dir dein Strassenraub gelingt?

Mit nichten! liess der Wolf sich hören,
Du irrst dich sehr, mein guter Freund,
Denn, tracht ich gleich, dich zu verzehren;
Ists doch so böse nicht gemeint.
Aus keinem Hass entstehn die Triebe,
In meiner dir geneigten Brust;
Dein süsses Fleisch erweckt mir Lust,
Ich fress dich nur aus lauter Liebe.

So macht es mancher falsche Freund,
Er schwätzt von nichts, als lauter Liebe,



Gibt aber dann die schärfsten Hiebe,
Wenn er am allerfrömmsten scheint.
Doch wenn die Bosheit klar erhellet,
Und man ihn drum zur Rede stellet:
Ist er wohl noch so frech zu sagen:
Es ist zwar übel ausgeschlagen:
Doch war es gut von mir gemeint.

Daniel Wilhelm Triller (1695-1782)



Eine kurze Geschichte:

Es war einmal ein Schäfer, der in einer einsamen Gegend seine Schafe hütete. Plötzlich tauchte in einer großen Staubwolke ein nagelneuer Cherokee Jeep auf und hielt direkt neben ihm.

Der Fahrer des Jeeps, ein junger Mann in Brioni Anzug, Cerutti Schuhen, Ray Ban Sonnenbrille und einer YSL Krawatte steigt aus und fragt ihn:
"Wenn ich errate, wie viele Schafe sie haben, bekomme ich dann eins?"


Der Schäfer schaut den jungen Mann an, dann seine friedlich grasenden Schafe, und sagt ruhig "In Ordnung".



Der junge Mann parkt den Jeep, verbindet sein Notebook mit dem Handy, geht im Internet auf die NASA-Seite, scannt die Gegend mit Hilfe seines GPS Satellitennavigationssystems, öffnet eine Datenbank und 60 Excel Tabellen mit einer Unmenge Formeln.

Schließlich druckt er einen 150 seitigen Bericht auf seinem Hi-Tech-Minidrucker, dreht sich um und sagt: "Sie haben hier exakt 1586 Schafe."

Der Schäfer sagt: "Das ist richtig, suchen Sie sich ein Schaf aus."



Der junge Mann nimmt ein Schaf und lädt es in den Jeep ein.
Der Schäfer schaut ihm zu und sagt: "Wenn ich Ihren Beruf errate, geben Sie mir das Schaf dann zurück?"
Der junge Mann antwortet: "Klar, warum nicht."

Der Schäfer sagt: "Sie sind Unternehmensberater."
"Das ist richtig, woher wissen Sie das?" will der junge Mann wissen.

"Sehr einfach," sagt der Schäfer, "erstens kommen Sie hierher, obwohl sie niemand gerufen hat. Zweitens wollen Sie ein Schaf als Bezahlung haben dafür, dass Sie mir etwas sagen, was ich ohnehin schon weiß, und drittens haben Sie keine Ahnung von dem, was ich hier mache, denn Sie haben sich meinen Hund ausgesucht!"





Eine Geschichte von A. de Mello:

Ein Schäfer weidete seine Schafe, als ihn ein Spaziergänger ansprach.

"Sie haben aber eine sehr schöne Schafherde. Darf ich Sie etwas in Bezug auf die Schafe fragen?“
„Natürlich“, antwortete der Schäfer.
„Wie weit laufen Ihre Schafe ungefähr am Tag?“ erkundigte sich der Spaziergänger.

„Welche, die weißen oder die schwarzen?“
„Die weißen.“
„Nun, die weißen laufen ungefähr 6 km täglich“
„Und die schwarzen?“
„Die schwarzen genausoviel.“


„Und wieviel Gras fressen sie täglich?“
„Welche, die weißen oder die schwarzen?“
„Die weißen.“
Die weißen fressen ungefähr vier Pfund Gras täglich“
„Und die schwarzen?“
„Die schwarzen auch.“


„Und wieviel Wolle geben die Schafe ungefähr jedes Jahr?“
„Welche, die weißen oder die schwarzen?“
„Die weißen.“
„Nun ja, ich würde sagen, die weißen geben jedes Jahr ungefähr fünf Pfund Wolle zur Schurzeit.“
„Und die schwarzen?“
„Die schwarzen genausoviel.“

Der Spaziergänger war erstaunt. „Darf ich Sie fragen, warum Sie die eigenartige Gewohnheit haben, ihre Schafe bei jeder Frage in schwarze und weiße aufzuteilen?“
„Das ist doch ganz natürlich“, antwortete der Schäfer, „die weißen gehören mir, müssen Sie wissen.“
„Ach so! Und die schwarzen?“
„Die schwarzen auch“, sagte der Schäfer.